Sammeln und archivieren für nachfolgende Generationen: so gelingt es – Serviceveranstaltung des Kreisarchivs
„Am besten kaufen Sie sich ein Messer“, rät Martin Lambertz, „eins mit kurzer Klinge, aber perfekter Spitze“. Was sich wie der Einstieg in einen Kriminalroman liest, ist einer der grundlegenden Tipps zur Archivierung von Vereinsmaterialien. Metall jeglicher Art – also Büroklammern, Heftklammern und Heftstreifen, aber auch Klarsichthüllen müssen aus Akten sorgfältig entfernt werden, bevor sie – auf Heftstreifen aus archivfähigem Kunststoff – in ebenso archivfähige Mappen umgebunden werden können.
Und das ist des Rätsels Lösung für den Rat, sich ein sogenanntes Buchbindermesser zu kaufen: Metallklammern aus Metall, die im schlimmsten Fall schon verrostet sind, lassen sich mit einer kurzen, spitzen Klinge ohne größeren Schaden am Archivgut entfernen. Diesen und viele weitere hilfreiche Hinweise erhielten die rund 45 Teilnehmer an der Serviceveranstaltung des Kreisheimatbundes Neuss, zu der dieser, zusammen mit dem Archiv des Rhein-Kreises Neuss, Vertreterinnen und Vertreter der Vereine im KHB ins Kreisarchiv in Zons eingeladen hatte. Dr. Stephen Schröder, Leiter des Archivs im Rhein-Kreis Neuss, führte zusammen mit seinen Mitarbeitern Peter Ströher und Martin Lambertz in kleineren Gruppen durch das Magazin, die Bibliothek und erläuterte ausführlich die heute mögliche Digitalisierung historischer Dokumente.
Wohl der wichtigste Rat der Fachleute sollte gleich am Anfang jeglicher Sammlung und Archivierung beherzigt werden: „Heben Sie nicht alles auf!“ Das mag verwundern, aber die Auswahl der Archivalien, die tatsächlich aufgehoben werden, sollte wohlüberlegt werden, denn sonst nimmt das Vereinsarchiv im schlimmsten Fall Ausmaße an, die niemand mehr überschaut und vor dessen zeitintensiven Sichten unzähliger, vielleicht noch nicht einmal gekennzeichneten Kartons die aufeinanderfolgenden Archivare immer wieder zurückschrecken. Von immenser Bedeutung ist das Erschließen von Archivalien und die klare Verzeichnung, damit alles auch wiedergefunden werden kann. Eine Handreichung dazu wurden den Teilnehmern ausgehändigt.
Erschließen, scannen, digitalisieren – auf diesen Weg machten sich die Teilnehmer der Serviceveranstaltung unter fachkundiger Führung. Zwei Kilometer laufende Regalmeter gibt es im Magazin des Kreisarchivs – in platzsparenden und praktischen Rollregalen ist alles Archivgut jederzeit und schnell greifbar. Bei sommerlichen Außentemperaturen herrschen hier die optimalen klimatischen Bedingungen: der Normwert beträgt 18 °, darf auch bis 21 ° betragen, aber dies konstant. Die Luftfeuchtigkeit liegt bei 50 Prozent, ab 60 Prozent besteht die Gefahr der Entstehung von Stockflecken. Was im Kreisarchiv mit hohem technischem Aufwand rund um die Uhr gewährleistet wird, ist im privaten Vereinsarchiv so kaum umzusetzen. Da ist es umso wichtiger, dass alles Metall aus dem Schriftgut penibel entfernt wird, Klebestreifen vorsichtig entfernt und Fotos nicht in handelsüblichen Klarsichthüllen verbleiben – der Weichmacher darin ist Gift für das Archivgut. Auch das früher oft verwendete Pergamentpapier zum Schutz der Fotos ist keine dauerhafte Lösung.
Für historische Urkunden, Fahnen usw. gibt es nicht rostende Metallschränke mit Schubladen zu durchaus erschwinglichen Preisen für einen Verein. Hier dürfte sich dann eher die Platzfrage stelle: wohin mit einem solchen Schrank? Für digitalisierte Archivalien empfiehlt Kreisarchivar Dr. Schröder die mehrfache Speicherung auf verschiedenen Servern oder, wenn dies nicht möglich ist, auf Festplatten, die an unterschiedlichen Orten aufbewahrt werden, sowie die alle paar Jahre vorzunehmende Migration der Digitalisate auf das jeweils aktuelle „Standardspeicherformat“. Von einer Speicherung auf bekannten Wechseldatenträgern wie CD, DVD oder Stick rät er ab. Die digitalisierten Archivalien des Kreisarchivs werden auf den Servern des Rhein-Kreises Neuss gespeichert. Für Bilder wird im Kreisarchiv TIFF als Speicherformat verwendet. TIFF hat derzeit den Rang eines „Quasi Standards“ inne und ist im Unterschied zum geläufigeren JPG-Format nicht verlusthaft komprimiert. Damit keine digitale „Müllhalde“ von einigen zehntausenden oder auch mehr nur durchnummerierten Dokumenten entsteht, ist beim Einscannen der Archivalien eine möglichst klare Bezeichnung unerlässlich. Sonst ist die Aktion sinnlos, weil die Sichtung des Materials viel zu viel Zeit kosten würde.
Am Anfang aller Überlegungen zur Archivierung sollte die Frage stehen, wie das digitale Wissen sortiert wird und welchen Aufwand man bereit ist zu betreiben. Hier bietet das Kreisarchiv seine hochqualifizierte Beratung an.
(Lydia Merker)